Wie wird man Lektor?

Heute ist es mir ein persönliches Anliegen, über den Werdegang eines Lektoren zu schreiben. In Anbetracht dessen, dass mir immer wieder Beiträge bei Facebook oder Instagram auffallen, wo Kollegen mit ihrer Ausbildung zum Lektor werben und das groß in Szene setzen, ist es an der Zeit, einiges richtig zu stellen. Immerhin wirkt so ein Aushängeschild wie ein Magnet, weil es impliziert, dass da jemand wirklich vom Fach ist und Ahnung hat. Das erwartet man schließlich von jemandem mit Ausbildung und wähnt sich gut aufgehoben.

Auf die meisten Lektoren trifft das auch zu. Aber Obacht! Wenn zu sehr darauf hingewiesen wird, kann etwas faul sein. Schaut also besser einmal mehr und genau hin.

Allgemeines zur Ausbildung!

Ausbildung ist nicht gleich Ausbildung. Es gibt staatlich anerkannte Berufsausbildungen und die berufliche Weiterbildung in Form von Qualifikationen, weil sie nur einen Teil Fachwissen vermitteln. Eine fundierte Ausbildung ist hier Voraussetzung. Ein Merkmal der staatlich anerkannten Berufsausbildung ist die sog. Ausbildungsverordnung. In ihr werden Lehrinhalte festgehalten. Hinzu kommt ein Ausbildungsrahmenplan, der die zeitliche Abfolge bereitstellt. All das und die Liste der anerkannten Ausbildungsberufe kann beim BiBB (Bundesinstitut für Berufsbildung, https://www.bibb.de) eingesehen werden.

Ein weiteres Merkmal für eine anerkannte Berufsausbildung ist der Schutz der beruflichen Bezeichnung und/oder die Erlaubnis, die Tätigkeit auch ausführen zu dürfen.

Hierzu habe ich drei Beispiele herausgepickt.

Konditor
Der Konditor ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Die Bezeichnung ist geschützt und es ist Privatpersonen nicht erlaubt, in diesem Rahmen kommerziell tätig zu sein. Im Klartext heißt das, dass man sich ohne diese Ausbildung nicht Konditor schimpfen oder (im heimischen Umfeld) nicht für andere gegen Bezahlung backen darf. Verschenken oder Bereitstellen bei einem Basar ist dagegen aber sehr wohl erlaubt.

Mediendesigner
Auch der Mediendesigner ist ein anerkannter Ausbildungsberuf. Anders als zum Konditor ist es Menschen, die keine fundierte Ausbildung in dem Bereich abgeschlossen haben, durchaus erlaubt, diese Tätigkeit kommerziell anzubieten, aber sie dürfen sich nicht als Mediendesigner bezeichnen.

Lektor
Laut dem BIBB ist der Lektor KEIN anerkannter Ausbildungsberuf und kann daher von jedem ausgeübt werden. Ebenso kann sich jede Person so nennen. Es gibt da keine Verbote oder Grenzen.

Ausbildung zum Lektor

Obwohl der Lektor kein anerkannter Ausbildungsberuf ist, ist es dennoch möglich, sich dahingehend „ausbilden“ zu lassen. Das klingt jetzt wie ein Widerspruch, ist es aber nicht. Wie vielen bekannt ist, gibt es den Lektor noch heute als Angestellten in Verlagen. Er besetzt einen Posten im Qualitätsmanagement des Verlagssortiments. Schließlich achtet der Lektor auf die Qualität der vom Verlag herausgegebenen Literatur. Aber nicht nur das, er managt in enger Zusammenarbeit mit anderen Verlagsabteilungen (z. B. Marketing, Finanz- und Vertragsabteilung) ganze Buchprojekte. Die gleiche Arbeit fällt auch seinen freiberuflichen Pendants zu.

Für beide, Verlagslektor und freiberuflicher Lektor, gibt es nun drei seriöse Wege des Werdeganges.


1. Studium
Der Weg des Studiums führt über einen der folgenden Studiengänge: Germanistik, Buchwissenschaft oder Buchhandel/Verlagswirtschaft. Voraussetzung für ein Studium ist die Hochschulzugangsberechtigung. Der Abschluss wird als Bachelor of Arts oder Master of Arts bezeichnet.

2. Ausbildung im Buchhandel
Als ausgebildeter Buchhändler erhält man ein umfangreiches Wissen über die vorhandene Literatur, Bezugsquellen und geschäftlichen Abläufe. All das wird bei Verlagen als Vorwissen sehr geschätzt und ist für die Tätigkeit als Lektor nicht unerheblich. Die Kenntnisse der unterschiedlichen Genres und Subgenres sind essentiell.

3. Ausbildung im kaufmännischen Beruf
Für den kaufmännischen Bereich kommen Berufe wie Medienkaufmann in Digital und Print genauso infrage wie Kaufmann für Büromanagement. Beide Berufe bringen ein umfangreiches Wissen in der Programmführung mit sich. Als Lektor muss man zwingend mit einem gewissen Handwerkzeug ausgestattet sein und die Arbeiten heutzutage erfolgen fast nur noch digital, in Wort und Schrift genauso wie in bildlicher Darstellung. Als Kaufmann für Büromanagement lernt man unter anderem noch intensiver in den Bereichen: Vertragsrecht, Finanzrecht, Buchhaltung, Kundenkommunikation, Organisation, Kalkulationen usw. All das wird bei einem Lektor im Verlagswesen und Freiberuf gleichermaßen abverlangt.


Nach erfolgreichem Abschluss von mindestens einer dieser drei Möglichkeiten ist man bei weitem noch kein Lektor, aber es stehen einem die Türen im Verlag offen, wobei Verlage den Uni-Absolventen nicht gerade selten bevorzugen oder gleich selbst die entsprechend anerkannte Ausbildung ausschreiben und dann die Weiterbildung zum Lektor daran knüpfen.

Oder man wählt die freiberufliche Schiene und legt einfach los, weil man sich ja zu jederzeit als Lektor bezeichnen kann, sei es nun mit oder ohne Ausbildung. In dem Fall spart man sich die angeschlossene Fortbildung, die gut und gerne auch noch einmal bis zu 2 Jahre dauern kann, sofern sie nicht parallel zur anerkannten Berufsausbildung gelaufen ist.

Wieso ist die Weiterbildung nötig?

Mit dem Studium oder einer Berufsausbildung hat man bereits einiges an Wissen und an Fertigkeiten gesammelt, die als Lektor unerlässlich sind. Das gilt insbesondere für diejenigen, die freiberuflich arbeiten. Denn sie sind ihr komplettes Büro: Vertrags- und Finanzabteilung in einem. Da sollte man schon wissen, was man tut. Aber das Spezialwissen, das es braucht, um effektiv als Lektor arbeiten zu können, ist bestenfalls in den Anfängen vorhanden. Das ist auch davon abhängig, ob praktische Erfahrung in Form von Praktika oder Volontariat dabei waren. Immerhin gibt es bei jedem Studium und jeder Berufsausbildung auch einen praktischen Teil.

Wer sich für den Verlagsweg entscheidet, ist auf jeden Fall gut beraten, seine praktische Erfahrung bereits während der Ausbildung dort zu suchen. Aber nicht jeder hat das Glück, bei einem Verlag zu landen. Daher ist es angeraten, das nach Abschluss des Studiums nachzuholen. Denn die Arbeit beim Verlag schult das Auge für interne Abläufe und hinsichtlich des Verlagsprogramms. Zudem steckt man dann schon ein gutes Stück in der Materie drinnen und kann sein Wissen sowie die bisher erlangten Fertigkeiten verfeinern.

Wer sich nach einer Berufsausbildung für den Weg der Selbstständigkeit in Form des Freiberufes entscheidet, ohne zuvor groß praktische Erfahrungen im Verlagswesen oder den Buchhandel gemacht zu haben – was auch vorkommt – sollte sich um eine externe Weiterbildung bemühen. Sie erfolgt oft in Form von Berufsqualifikationen und kann von diversen Institutionen ausgeschrieben sein. Die Angebote sollte man tunlichst genau prüfen, weil es auch hier schwarze Schafe gibt. Dazu weiter unten mehr.

Möglich ist es auch, sein Praktikum in einem Lektoratsbüro zu machen. In dem Fall handelt es sich um einen unabhängig tätigen Lektor, der vermutlich noch andere Angestellte hat und daher ein Gewerbe betreibt. Auch das gibt es. Wer sich für den Unterschied Freiberuf und Gewerbe interessiert, darf sich hier einfinden. Es kommt aber auch vor, dass sich angehende Lektoren als Testleser anbieten, um so ihre Erfahrungen auf sehr kostengünstigen Weg zu erlangen.

Zusammenfassung!

Eine staatlich anerkannte Ausbildung zum Lektor gibt es nicht. Der seriöse Zugang erfolgt über ein Studium oder eine fundierte Berufsausbildung und dauert in der Regel bis zu 3 Jahre, verkürzt auf 2 Jahre, wenn es auf dem zweiten Bildungsweg passiert. Ein Abschluss ist in jedem Fall ein Qualitätsmerkmal. Weiterbildungen erfolgen in Verlagen oder durch externe Angebote und werden bei erfolgreichem Abschluss mit Zertifikaten belegt.

Vorsicht bei Ausbildungsversprechen!

Nachdem die Rahmenbedingungen geklärt sind, möchte ich zum Abschluss noch eine Mahnung aussprechen. Es sind immer wieder Angebote im Internet unterwegs, die eine schnelle und kompetente Ausbildung zum Lektor versprechen. Darauf folgen dann nicht selten die eingangs erwähnten Aushängeschilder. Lektoren werben groß mit ihrer erfolgreich abgeschlossenen Ausbildung, um Pluspunkte zu sammeln. Manche benennen dabei sogar noch die (angebliche) Ausbildungsstätte.

Wie die dargelegten Inhalte in diesem Blog zeigen, braucht es seine Zeit, um sich Fachwissen sowie Fertigkeiten anzueignen. Innerhalb weniger Wochen ist das nicht leistbar. Selbst wenn ein gewisses Maß an Grundwissen vorliegt, das aber nicht durch eine der genannten Ausbildungen oder des Studiums gestützt ist, ist es sehr unwahrscheinlich, dass solche Ausbildungsversprechen das halten, was sie im Interesse der späteren Kunden (Autoren) sollten.

Um den Lektoren oder sogar die Ausbildung näher zu beleuchten, ist es angeraten, auf nachstehende Fragen eine Antwort zu bekommen. Kann der Lektor eine Zertifizierung oder etwas Ähnliches vorweisen? Schreiben kann man immerhin viel. Erfolgte die Ausbildung bei einer zertifizierte Lehrkraft bzw. anerkannten Stelle?

Die Überprüfung der Ausbildungsstätte ist insofern sinnvoll, da eine Weiterbildung immer mit vermitteltem Fachwissen einhergeht. Leute, die so etwas machen, werden Trainer genannt oder auch Coaches. Sie sind entweder festangestellt oder selbstständig gewerblich tätig. Allerdings brauchen sie für ihre Tätigkeit eine Trainerlizenz (Zertifizierung) und die Vergabe erfolgt über die IHK. Es sind also erfolgreich abgeschlossene Lehrgänge erforderlich.

Fazit!

Egal was ihr seid, Autoren auf der Suche nach einem Lektor oder jemand, der eine Ausbildung zum Lektor machen möchte, seid vorsichtig und überprüft die Versprechen in den jeweiligen Werbebeiträgen, ganz besonders wenn noch keine einsehbaren Referenzen vorliegen. In der Werbung werden nicht immer die richtigen Bezeichnungen verwendet, sondern das, was gut klingt und eine ähnliche Bedeutung hat, in der Hoffnung, die gewünschte Wirkung zu erzielen.

Eure Rike.

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