Nutzungsvorbehalt in E-Books und Büchern

Es vergeht kein Tag, keine Minute, keine Sekunde, in der nicht irgendwelche Programme wie Bots und Crawler das Internet nach neuen Inhalten für das Training einer KI durchsuchen. Auch Bücher (gedruckt wie digital) landen in diesen Trainingsdatensätzen. Also wird es Zeit, sich zu wehren, und die einzige rechtliche Möglichkeit, die sich im EU-Raum derzeit bietet, ist ein formulierter Nutzungsvorbehalt in E-Books und Büchern.

Nutzungsvorbehalt im Urheberrecht

In der Regel sind Autoren und Verlage versiert im Umgang mit dem Urheberrecht. Es regelt, in welcher Weise Dritte mit ihren Werken umgehen dürfen. Jetzt ist es aber leider so, dass laut dem Data Mining im EU-Raum das Urheberrecht stark angekratzt wurde. Das geht aus der verlinkten Richtlinie in Artikel 3 und 4 hervor. Im Urheberrecht findet sich dieser Umstand in § 60 UrhG wieder. Die Verwendung von sonst urheberrechtlich geschütztem Material ist also erlaubt, sofern es sich um die wissenschaftliche (nicht kommerzielle) Nutzung handelt. Auf dieser Basis haben ursprünglich Unternehmen wie OpenAI ihre Trainingsdaten erhoben. Irgendwann haben sie sich dann kommerzialisiert. Alleine das hinterlässt schon einen fahlen Beigeschmack.

Nun ist es so, dass trotz der kommerziellen Art, die nun im Vordergrund steht, KI-Unternehmen noch immer alle frei zugänglichen Inhalte aus dem Internet für die Weiterentwicklung der KIs kratzen oder kratzen lassen. Auch innerhalb der EU. Der LAION e. V. ist dafür bekannt und wird aktuell sogar verklagt.

Die einzige Möglichkeit, um zumindest im EU-Raum gegen diese Praxis vorzugehen, ist, sich auf § 44b UrhG zu berufen. („Text und Data Mining). Es folgt der gesamte Wortlaut:

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)
§ 44b Text und Data Mining

(1) Text und Data Mining ist die automatisierte Analyse von einzelnen oder mehreren digitalen oder digitalisierten Werken, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen.

(2) Zulässig sind Vervielfältigungen von rechtmäßig zugänglichen Werken für das Text und Data Mining. Die Vervielfältigungen sind zu löschen, wenn sie für das Text und Data Mining nicht mehr erforderlich sind.

(3) Nutzungen nach Absatz 2 Satz 1 sind nur zulässig, wenn der Rechtsinhaber sich diese nicht vorbehalten hat. Ein Nutzungsvorbehalt bei online zugänglichen Werken ist nur dann wirksam, wenn er in maschinenlesbarer Form erfolgt.

https://www.gesetze-im-internet.de/urhg/__44b.html

Das hört sich erst einmal sehr schön an. Aber wie viele Autoren und Verlage haben von diesem Nutzungsvorbehalt gewusst, seit er in Anspruch genommen werden kann? Verlage dürften dank ihrer Rechtsabteilung bestens informiert gewesen sein. Beim kleinen und vor allem unabhängigen Autor bezweifle ich das stark, besonders wenn sie das Publizieren nur als eine Art Hobby sehen. Das dürfte sich inzwischen zum Glück ändern, wenn auch sehr langsam. Denn die ganze Tragweite dieses Datendiebstahls durch KI-Unternehmen hat hohe Wellen in der Medienlandschaft geschlagen, bevorzugt in den sozialen und ausländischen Medien.

Es ist also an der Zeit, sein Recht als Urheber vollends in Anspruch zu nehmen. Aber wie macht man das?

Umsetzung Nutzungsvorbehalt

Laut § 44b Absatz 3 ist der Nutzungsvorbehalt „in maschinenlesbarer Form“ anzubringen. Den wenigsten dürfte bekannt sein, was das genau bedeutet und wie man das umsetzen kann, was zu weiteren Problemen führt, sein Recht als Urheber auszuüben.

Als maschinenlesbar gelten z. B. Computercodes oder Quelltexte einer Website, was nicht das ist, was der Anwender auf seinem Bildschirm zu sehen bekommt. Etwas Ähnliches gilt für E-Books, auch sie haben einen Quellcode. Beim gedruckten Buch gibt es so etwas natürlich nicht. Für die meisten Urheber, die nicht gerade IT-Profis sind – was extrem selten vorkommen dürfte – ist das nicht trivial und wird oft missverstanden. Mir ging es übrigens genauso, als ich mich vor einem Jahr zum ersten Mal intensiv mit dem Schutz meiner Website-Inhalte beschäftigt habe, weil auch die in den Datensätzen der KI-Unternehmen gelandet sind.

Grundsätzlich gibt es für die Umsetzung zum Schutz der Inhalte einer eigenen Website eine übersichtliche Anzahl an Möglichkeiten. Einige habe ich in einem anderen Blogartikel bereits vorgestellt und die Vor- sowie Nachteile benannt.

Doch kommen wir zurück zu den E-Books und Büchern.

Leider kann man die Bedingung der maschinenlesbaren Form hier kaum erfüllen. Das sollte aber niemanden von der Formulierung des Nutzungsvorbehaltes abhalten. Ihr habt in Büchern bestimmt schon Hinweise zum Urheberrecht gelesen. Da steht oftmals etwas wie das hier:

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Diesen Hinweis kann man dank § 44b UrhG mit nur einem einzigen Satz um den Nutzungsvorbehalt ergänzen. Beispielsweise auf diese Art:

Darüber hinaus ist es laut § 44b UrhG („Text und Data Mining“) nicht erlaubt, dieses Werk mit automatisierten Verfahren zu analysieren, um daraus Informationen insbesondere über Muster, Trends und Korrelationen zu gewinnen.

Erste Print on Demand Anbieter stellen solche Formulierungen bereits für ihr Impressum bereit. Das zeigt, dass ein berechtigtes Interesse daran besteht, sich vor dem Abkratzen von Daten zugunsten des Trainings einer KI zu wehren.

Bringt der Nutzungsvorbehalt in Büchern und EBooks denn etwas?

Diese Frage las ich erst gestern irgendwo bei Facebook, als der Nutzungsvorbehalt auch da Thema war. Meine Antwort hierzu lautet: Das kommt ganz drauf an. Der Nutzungsvorbehalt in Büchern und E-Books und anderswo ist sicher kein aktiver Schutz vor Diebstahl. Solltet ihr jedoch eure mit diesem Vorbehalt versehenen Werke in einem Trainingsdatensatz wiederfinden, habt ihr Anspruch auf Unterlassung und/oder Schadensersatz. Ihr habt eine Grundlage zur Klage, weil gegen § 44b UrhG verstoßen wurde. Näheres gilt es jedoch in so einem Fall mit einem Anwalt zu klären. Wichtig zu wissen, ist jedoch, dass der Nutzungsvorbehalt nur ab dem Zeitpunkt gilt, seit er genutzt wird. Geraten eure Inhalte zu einem früheren Zeitpunkt in die Trainingsdaten, hat das keine Auswirkung. Data Mining ist leider im EU-Raum erlaubt. Wenn ihr das also nicht wollt, könnt ihr euch nur mit dem Nutzungsvorbehalt versuchen, dagegen in Zukunft abzusichern.

Rechtsfolgen bei Zuwiderhandlung

Nun liegt es leider in der Natur der Sache, dass Rechtsfolgen für den kleinen Mann relativ teuer sind und kaum realisierbar. Wer es sich leisten kann, hat eine berufliche Rechtsschutzversicherung. Für große und mittlere Verlage dürfte das weniger ein Thema sein. Deren Rechtsabteilung steht sicher parat. Wer aber rechtlich nicht abgesichert ist, könnte es mit einem Spendenaufruf versuchen oder sich an Organisationen wenden, die den Kampf gegen KI-Unternehmen ebenfalls führen. Ob man dort finanzielle Hilfe bekommt oder Informationen, die einem nutzen, um sich selbst zu wehren, muss sich dann zeigen. Aktuell ist der European Writers Council sehr aktiv und sicherlich einer der besten Ansprechpartner. Auch das Netzwerk Autorenrechte könnte mit Rat zur Seite stehen.

Es hat sich im zurückliegenden Jahr im amerikanischen Raum auf jeden Fall gezeigt, dass Zusammenschlüsse unter Künstlern viel ausrichten können. Daher rate ich auf jeden Fall dazu, sich in solchen Fällen Mitstreiter zu suchen. Zusammen ist man stärker und hat mehr Möglichkeiten als Betroffener.

Eure Rike Moor

Eine Antwort zu „Nutzungsvorbehalt in E-Books und Büchern“

  1. Data Mining und das Urheberrecht – Lektorat Moor

    […] Mehr zum Nutzungsvorbehalt findet ihr in meinem neueren Blogartikel „Nutzungsvorbehalt in Büchern und E-Books„. […]

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